die Bienenzucht im kreise ahrweiler

VON P. A. SCHMITT

Es hat seine guten Gründe, wenn der Mensch auch die kleine Biene in seine Pflege genommen hat. Vor allen Dingen waren es ihre wertvollen Erzeugnisse Honig und Wachs, die ihn dazu reizten, denn er konnte ihr in ihrer Urwohnung kaum beikommen. Mit vieler Mühe nahm er daher das wilde Bienenvolk aus den hohlen Stämmen des Waldes heraus und setzte es in selbstverfertigte Wohnungen (Beuten) aus Stroh oder Holz. Dadurch war ein bequemes Bearbeiten des kleinsten Haustieres erreicht und die Möglichkeit gegeben, auch die Biene in die menschliche Wirtschaft einzuspannen.

Seit je finden wir deshalb auch in unserem Kreisgebiet die Biene in kleinen oder größeren Ständen vor. Als Bienenwohnung wurde früher meistens noch der vom Großvater überkommene Strohkorb benutzt, der wohl für die Entwicklung und Vermehrung der Bienen außerordentlich günstig war, der aber kaum einen Einblick oder einen nötigen Eingriff gestattete. Wenn den Bienen damals nicht recht gute Lebensbedingungen zur Verfügung gestanden 'hätten, dann wäre der

Ertrag sehr fraglich gewesen. In dieser Zeit hatte das Wort, das man auch heute noch oft zu hören bekommt, Berechtigung:

Wenn die Beie
Wolle gedeihe,
Dann kann man bei leie.

Der imkerliche Erfolg und Ertrag war nämlich nur zu einem kleinen Bruchteil der Kunst des Bienenhalters, meistens aber dem Zufall und dem Glück, anheimgestellt.

Sobald der erste Bienenkasten aufkam, der die bewegliche Wabe mitbrachte, veränderte sich sehr schnell das bisherige Gesicht der Bienenstände. Die strebenden Imker stellten fest, daß der sogenannte Dreietager doch eine bedeutende Verbesserung des alten Strohkorbes war, und stellten sich entsprechend um. Sie konnten jetzt das ganze Bienenvolk auseinandernehmen, ihm helfen, wenn es nötig war, Wabe für Wabe besichtigen und den Honig mit Leichtigkeit ernten, ohne das Bienenvolk in seinem Bestand zu gefährden. Fast ein halbes Jahrhundert lang war der Dreietager in unserem Kreisgebiet die einzige Bienenwohnung mit beweglichen Waben. Daneben existierte aber die Korbbienenzucht weiter, wenn auch reine Korbbetriebe selten geworden waren.

In der nun folgenden schnellebigen Zeit stand auch die Imkerei nicht still, und da man unterdessen auch die Nachteile des Dreietagers erkannt hatte, das zu kleine Rahmenmaß, begannen nach dem ersten Weltkrieg auch andere Bienenwohnungssysteme Einzug in den Kreis Ahrweiler zu halten. Vor allem war es die Magazin- oder Oberbehandlungsbeute, die in verschiedenen Ausführungen das Feld eroberte. Man kann heute sagen, daß von rund 3000 Bienenvölkern, die der Kreis besitzt, mindestens ein Drittel in dieser Beutenart wohnt. Aber auch der sogenannte Blätterstock, in dem man mit den einzelnen Waben wie in einem Buch blättern kann, hat viele Liebhaber in der Imkerschaft gefunden. Beides sind Bienenwohnungen, die die imkerlichen Forderungen: „Den Bienen genehm, dem Imker bequem!" erfüllen und wirklich brauchbar sind. Wenn ein Imker die Grundkenntnisse seines Faches beherrscht, kann er in diesen Kästen das Spiel des Zufalls weitgehend ausschalten. Die Vorteile der neuzeitlichen Kästen in Bezug auf Behandlung des Volkes und Ertrag sind derart, daß heute der alte Strohkorb als „polizeilich verboten" gilt und nur noch zu anderen imkerlichen Arbeiten aushilfsweise benutzt wird. Ist inzwischen der Strohkorb aus der praktischen Imkerei auch verdrängt, die Ehre, Symbol der Bienenzucht zu sein, wird ihm wohl niemals genommen werden.

Wichtigste Grundlage und Voraussetzung für eine gedeihliche Bienenzucht ist eine gute Tracht, wie der Imker sagt. Das ist ein reichliches und langanhaltendes Blütenangebot aus der Natur. So verschieden dieses ist nach Jahren, Gegend und Wetter, so wechselhaft und unterschiedlich ist auch die Honigernte. Im allgemeinen sind die Bienenstände ziemlich gleichmäßig im Kreise verteilt, wenn sie auch in den Eifelgebieten etwas häufiger stehen als im Rheintal. Rein landwirtschaftlich genutzte Flächen sind heute für die Imkerei nicht mehr so wertvoll wie früher. Die Mähmaschine und die chemische Unkrautbekämpfung bringt dfn Blütenbestand der Felder in einigen Stunden an den Boden oder vernichtet ihn gänzlich. Die falsche Anwendung der Bekämpfungsmittel, die trotz Aufklärung immer wieder vorkommt, schädigt die Bienenvölker so, daß die Imkerei in solchen Gegenden kaum mehr lohnend ist. Etwas besser sind die Imker in Obstanbaugebieten bestellt. Der Obstbauer weiß, daß die Biene für die Befruchtung seiner Bäume unerläßlich ist und sieht es gerne, wenn Bienen für die Zeit der Obstblüte in seinen Anlagen aufgestellt werden. Oft drängt sich die Blütezeit auf kaum mehr als eine Woche zusammen und das Blütenangebot ist so reichlich, daß die vorhandenen Bienen zur genügenden Befruchtung nicht ausreichen. In diesem Falle wäre eine Zuwanderung von Bienen ein Vorteil für Obstbauer und Imker.

Letzter und bester Zufluchtsort für den Imker ist der Wald. Dort ist fast den ganzen Sommer über der Tisch für die Bienen gedeckt. Dort wird vorläufig weder gespritzt und gestäubt noch gemäht. Infolgedessen finden sich hier viele und gesicherte Imkereien, die jährlich auf ihre Kosten kommen. Das Gebiet des früheren Übungsplatzes Ahrbrück, das während des Krieges und auch später als Wanderplatz galt, in dem fremde Imker von weither ihre Bienen während des Sommers aufstellen konnten, wird neuerdings durch Rück- und Neusiedler wieder mehr und mehr in Anspruch genommen. Doch ist ihre Völkerzahl noch nicht imstande, das Gebiet voll auszunützen, so daß die Zuwanderung sich immer noch als lohnend erweist. Nach Abblühen der Heide verläßt der Wanderimker die Eifeltäler, und es wird wieder einsam in den kleinen Dörfchen.

Die beachtliche Leistungssteigerung durch Rassezucht auf anderen Tierzuchtgebieten hat auch der Imkerschaft den Zuchtgedanken nähergebracht. Da aber die Paarung von männlicher (Drohn) und weiblicher Biene kaum zu kontrollieren ist, steht man auf diesem Feld außerordentlichen Schwierigkeiten gegenüber. Eine in etwa sichere Reinzucht ist nur möglich durch Aufstellen eines „Vatervolkes", das die Drohnen liefern soll, in einem bienenfreien Bereich von ca. 6 km Durchmesser. Eine solche Zuchtstation besitzt der Kreis Ahrweiler in der mit großem Gürtel von Niederwald umgebenen „Belegstelle Ahrtal", wohin namhafte Züchter aus naher und weiter Umgebung ihre Jungköniginnen zwecks Begattung einsenden. Etwa 14 Tage dauert die Flitterzeit der jungen Majestäten auf dieser einsamen und verträumten Waldau, dann bringt der Züchter seine Königinnen wieder in den Alltag zurück, damit sie dort ihre Leistung offenbaren können.

Es ist kein Zufall, daß gerade die Irmker sich frühzeitig in Vereinen und Verbänden zusammengeschlossen haben. Die Verschiedenartigkeit der Tracht und der Betriebsmittel veranlaßte sie immer wieder zu einem Meinungs- und Erfahrungsaustausch mit den Nachbarimkern, und im Bienenvolk sahen sie das schönste Beispiel, daß auch das kleinste Lebewesen stark wird, wenn es sich mit gleichartigen unter einem Gedanken zusammenschließt. So haben sich auch im Kreise Ahrweiler Imkervereine gebildet, die teils fast hundert Jahre bestehen. Der Kreis-Imkerverband, der sich mit den politischen Grenzen des Kreises deckt, umfaßt zwölf Imkervereine:

 

Imker:

Bienenvölker

Adenau

53

479

Altenahr

16

163

Antweiler

12

118

Brück

34

300

Dümpelfeld 17 128

Grafschaft

19

207
Niederbreisig 9 82

Niederzissen

25

 232

Sinzig 33 240

Unterahr

 37

 501

Vinxttal

22

247

Wershofen

26

144

303 2841

Vor dem Kriege betrug der Bestand an Bienenvölkern im Kreise Ahrweiler etwas über 3000. Durch Kriegseinwirkung und Zuckermangel etc. schrumpfte diese Zahl bis zum Jahre 1947, wo auch noch Völker als Reparation abgegeben werden mußten, bis auf 560 zusammen. Seitdem ist aber ein fortwährender Aufstieg unverkennbar. Läßt man die wenigen größeren Imkereibetriebe außer Betracht, so besitzen die Bienenstände im Durchschnitt nur 9 Völker, was vom Standpunkt der Wirtschaftlichkeit wie auch im Hinblick auf den Obstbau und die ganze Landwirtschaft betrüblich ist. Aber nicht nur wirtschaftliche Erwägungen sollten bei Förderungsabsichten maßgebend sein. Die Imkerei wird fast nur nebenberuflich betrieben, und gerade die Biene hilft mit, den gehetzten Menschen von heute wieder mehr an die Natur zu binden, wo er Ruhe, Entspannung und Ablenkung vom schweren Alltag findet. Stunden am Bienenstand sind wirklich Stunden der Freude und Erholung. Es ist erfreulich, daß gerade die jüngere Generation wieder Neigung zur Biene verspürt und immer mehr eintritt in die Reihe der Imkerschaft des Kreises Ahrweiler.